St. Nicolas – ein Kinderbagno
Er muss immer wieder dorthin zurück. St. Nicolas, ein Kinderbagno, ein Gefängnis wie es 1929 nur noch in Frankreich möglich war. Ort des Marthyriums und der Bildung, an den man das vaterlose Kind in Pension gab. Raphael zeigt mir den Innenhof, das Viereck, von niedrigen Sandsteingebäuden umschlossen. „Hier, von dieser Galerie aus traktierten sie uns – halbnackt – mit Jutebändern, die sie in Wasser getaucht hatten. Spießrutenlaufen.“ „Was hattet Ihr denn verbrochen?“ frage ich. „Nichts, es war zur Abhärtung.“ – „Hier war das Refektorium.“ Wir blicken durch schmale Fenster in einen hohen, düsteren Raum. „Während des Essens durfte nicht gesprochen werden. Wer sich nicht anständig benahm, musste die Stunde auf einem dreikantigen Lineal knien.“ Raphael zeigt mir den verwahrlosten Rasen: „Und hier waren wunderschöne Blumenrabatten. Heute sind sie nicht mehr imstande, so etwas zu pflegen.“ Er führt mich durch die Schulgärtnerei und deutet auf die Winterbeete: „Ach, es ist alles nicht mehr wie es war.“